time out for Kids

an den Justus-von-Liebig-Schulen

in Heufeld/Bruckmühl

"Eine Oase zum Chillen"

Eine Zusammenfassung über die Oase zum Chillen

an den Justus-von-Liebig-Schulen in Heufeld

Die Entstehung des Raumes

Die Idee, einen „anderen“ Raum in einer Schule zu gestalten, geht auf den Kiwanis Club Bad Aibling zurück. Diese traten im Jahr 2010 an die Schulleitung der Justus-von-Liebig-Schulen heran, um sie nach einem möglichen Raum und nach möglichen Ideen, wie so ein Raum gestaltet werden könne, zu befragen. Der Raum in der Schule war schnell gefunden. Es war ein kleiner Gruppenraum im 1. Stock der Mittelschule, der sonst für Gruppen zum Differenzieren (Fördermaßnahme für eine Kleingruppe) genutzt wurde.

Die Möglichkeiten, für was der Raum genutzt werden sollte, ergaben sich aus dem Schulalltag. Die Idee des Kiwanis Club Bad Aibling war es, einen „Raum der Stille“ zu erschaffen und die Schule hatte hierfür die praktische Umsetzung vor Augen. Die Nutzung eines solchen Raumes als Rückzugsort für Schüler in Ganztagesklassen, für kleinere Gruppen als Ort des offenen Austausches oder auch für „Notfälle“, bei denen immer wieder Schüler in verschiedenen Situationen verzweifelt sind, war jeden Tag greifbar nahe.

Als es jedoch an die mögliche Umsetzung ging, waren wir als Schule schnell überfordert. Wir konnten zwar mögliche Farben nennen, mit denen der Raum gestaltet werden könnte sowie die Aussage treffen, dass es „gemütliche“ Sitzgelegenheiten sein sollten, dann aber waren wir als Pädagogen mit unserem Latein am Ende.

Wiederum war es der Kiwanis Club Bad Aibling, der dann die Idee hervorbrachte, mit Studenten der Fachrichtung Innenarchitektur von der Fachhochschule Rosenheim einen Wettbewerb zu gestalten und diesen mit Preisgeldern auszuloben.

Insgesamt waren es sechs Teams mit völlig unterschiedlichen Ideen, wie dieser Raum gestaltet werden könnte. Die Teams stellten ihre Ideen nicht nur mit Hilfe einer Power Point Präsentation vor, sondern bauten diese auch in einem Schuhkarton nach, damit die Jury sich die Ideen auch räumlich vorstellen konnte.

Nach mehreren Sitzungen - es war eine schwierige Entscheidungsfindung – hat sich die Jury für den Entwurf von Stefanie Schober entschieden. Ihr Konzept beruhte auf Ideen des japanischen Architekten Hashimoto.

Mit Hilfe des Architekturbüros „Perner, Architekten und Ingenieure“ aus Rosenheim wurde der Raum möglichst nah am Entwurf der jungen Innenarchitekten nachgebaut und im November 2011 feierlich an die Schule übergeben.

Funktionen in der Oase zum Chillen

Es gibt einige wenige Regeln, die Schüler und Lehrer beachten müssen, wenn sie den Raum benutzen wollen.

Der Raum wird nur ohne Schuhe betreten. Dann können die Benutzer sich hinsetzen oder sich hinlegen, wie sie wollen. In dem Raum ist ein Rollo zur Verdunkelung vorhanden, so dass man je nach gewünschter Stimmung eine LED-Beleuchtung mit einem Farbwechsel zuschalten kann. Durch den Farbenwechsel von blau, rot, grün und gelb entsteht eine Atmosphäre, die auf den Betrachter sehr beruhigend wirkt.

Es gibt aber auch eine indirekte Beleuchtung, die seitlich von unten nach oben leuchtet. Mit Hilfe einer eingebauten Musikanlage, können je nach gewünschtem Nutzungszweck Musik oder Hörspiele abgespielt werden.

Nutzung als Klassenraum

Immer wieder nutzen ganze Klassen die Oase zum Chillen für eine andere Art von Unterricht. Nachdem es hier keine strenge Sitzordnung gibt, haben in diesem Raum auch ganze Klassen Platz.

Besonders beliebt bei den Schülern sind die Stunden, wenn in den Klassen z. B. eine Lektüre gelesen wird. In dieser Stunde geht eine Klasse zum Lesen in den Raum. Hier sucht sich jeder Schüler eine gemütliche Position zum Sitzen und liest. So wird Lesen auch zu einem individuellen Erlebnis, das der eine oder andere Schüler für sein späteres Leben als Entspannungsmöglichkeit entdecken kann.

Es gehen auch immer wieder Gruppen von Schülern in den Raum, um Unterricht zu machen. Beispielsweise nehmen sich die Ethik-Gruppen eine Stunde in dem Raum, um über philosophische Grundfragen zu sprechen. Hier sorgt allein die Anwesenheit in dem Raum bei einigen Schülern für eine gute Atmosphäre, sodass sich einige öffnen und über Persönliches zu sprechen beginnen.

Sehr gerne wird unsere Oase zum Chillen auch von den Lehrerinnen der Grundschule genützt, um die Schüler einfach einmal am Vormittag zu Ruhe kommen zu lassen.

Hier ist es für die Kleinen am Vormittag mehr als erholsam, wenn sie sich nach einer aufregenden Pause oder in der Weihnachtszeit nur eine Viertelstunde hinlegen dürfen und das wechselnde Licht an der Decke beobachten. Dies hilft einigen, wieder zur Ruhe zu kommen, so dass der Vormittag weiter gehen kann.

Nutzung für die „Denkpause“ in der Mittagszeit

Seit dem Schuljahr 2014/2015 haben wir regelmäßig einmal in der Woche eine sogenannte „Denkpause“. Die Stunde nennt sich Denkpause – meditative Elemente im Alltag. Sie wird von einem Religionslehrer angeboten und über das Erzbischöfliche Ordinariat in München finanziert. Der Religionslehrer sucht zu Beginn des Schuljahres freiwillige Schüler (heuer ausschließlich aus der 9. Ganztagesklasse), die einmal pro Woche die Mittagspause nicht draußen oder im Schülercafé verbringen wollen, sondern die Ruhe suchen. Wöchentlich wird ein anderes Thema vorbereitet, das die Schüler anspricht.

In diesem Schuljahr waren es u. a. folgende Themen:

Musikalische Szenen erspüren am Beispiel Carmina Burana von Orff

Herr Wohllieb wartet auf ein Zeichen aus „Der andere Advent“

"Das Gleiche ist doch nicht dasselbe" Vergleich von "Bilder einer Ausstellung" in der Version von Mussorgski und Emerson, Lake und Palmer

Auszüge aus dem Buch „Wie man Freunde gewinnt“ - eine kritische Betrachtung

Diese Themen werden mit den Jugendlichen besprochen und sie haben die Gelegenheit, sich zu äußern. Es ist eine feste Gruppe, die wöchentlich die Denkpause in ihrer Mittagspause besucht.

Nutzung zur bereinigenden Aussprache

Immer wieder kommt es vor, dass Eltern mit ihren Kindern – insbesondere in Zeiten der Pubertät – nicht mehr in Ruhe sprechen können. Entweder wird zu Hause gar nicht mehr miteinander gesprochen oder Gespräche enden in einer lautstarken Streiterei, die oft mit Türen werfen endet.

Wenn Eltern bei der Schulleitung sind und ihr Leid klagen, wird hier ein Angebot unterbreitet, dass die Eltern mit ihren Kindern den Raum für gemeinsame Gespräche nutzen, die in der häuslichen Umgebung so nicht stattfinden. In den Gesprächen, die ausschließlich im familiären Rahmen ohne Beteiligung einer Lehrkraft oder der Schulleitung stattfinden, wird dann das Problem gesprochen. Nicht nur das Ausziehen der Schuhe, sondern auch die Atmosphäre in dem Raum bewirkt, dass sie sich in Ruhe ausgetauscht haben. Jedes Mal, nachdem Elternteile mit ihrem Kind, mit dem sie scheinbar nicht mehr reden können, zu einem Gespräch ohne Zeitbegrenzung in der Raum geschickt wurden, kamen Beide wie befreit aus dem Raum und berichteten, dass sie schon lange nicht mehr so gut miteinander gesprochen hätten.

Nutzung als Rückzugsraum für Schüler

Schulen werden in der heutigen Zeit immer mehr zum Lebensraum für viele Schüler. In immer mehr Familien übernehmen die Eltern mehrere Arbeitsstellen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. In anderen Familien ist die Beziehung untereinander über Jahre so belastet, dass ein unbeschwerter Umgang zu Hause nicht mehr möglich ist. So wird die Schule für viele Schüler immer mehr zu „Heimat“ und zum hauptsächlichen Lebensmittelpunkt. Viele unserer Schüler bleiben „freiwillig“ nach 16:00 Uhr da und helfen Lehrern, bieten sich für freiwillige Projekt an oder spielen Fußball/Basketball auf dem Schulhof.

So fehlt einigen Schülern auch ein Rückzugsort, den sie zu Hause nicht vorfinden. Die Chilloase ist als Rückzugsort bei Schülern, die sich im Moment in einer verzweifelten Lage befinden oder gefühlsmäßig gerade belastet sind, ein idealer Ort. Als ich im letzten Monat mit einem Schüler der 9. Klasse ein Konfliktgespräch geführt habe, konnte ich am Ende des Gesprächs seine eigentliche Verzweiflung in seinem Gesicht sehen. Der sonst so cool wirkende Schüler einer 9. Klasse war den Tränen nahe, da er sein Fehlverhalten eingesehen hatte. Statt ihn in den Unterricht zurückzuschicken, habe ich ihn in den Raum der Stille gesetzt, damit er sich wieder beruhigen konnte. Als er wieder heraus kam, sagte er, dass er das erste Mal seit vier Jahren geweint hätte, aber dass er nun einiges anders machen wolle. Das hat mich sehr berührt.

Dankeschön

An dieser Stelle möchten wir uns ganz ausdrücklich bei allen Beteiligten bedanken die dazu beigetragen haben, dass die Justus-von-Liebig-Schulen eine „Chilloase“ erhalten haben.

Ein ganz besonderer Dank geht an den KIWANIS Club Bad Aibling via Julia, dessen Idee es war, an unserer Schule einen solchen Raum zu verwirklichen. Die Mitglieder des KIWANIS Clubs waren es auch, die mit viel Engagement, Einsatz und mit den notwendigen finanziellen Mitteln das Projekt bis zum Ende begleitet haben.

Auch den Sponsoren gilt es zu danken. Ohne die großzügigen Spenden der Sparkassenstiftungen Zukunft für den Landkreis Rosenheim , die 2/3 der finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt hat, der Bürgermeister-Heinritzi-Jugendstiftung und der Marktgemeinde Bruckmühl, die 1/4 des Budgets beisteuerten und dem KIWANIS Club Bad Aibling via Julia, der die restliche Summen breitstellte.

Nicht zu vergessen, das Rosenheimer Architekturbüro „Perner, Architekten und Ingenieure“, die mit viel Arbeitsaufwand und Zeit den Raum „erschaffen“ haben.

Schlusswort

Wir finden, jede Schule braucht heutzutage einen solchen Raum.

Heufeld, im Februar 2016

Arabella Quiram

Rektorin

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